„Ich möchte nicht, dass mein Computer mich kennt...“ Doch so gut kennt er Dich bereits:
Verhaltensbasierte IT-Sicherheit soll die Lösung für digitale Sicherheitsprobleme sein? Interessant klingt es schon. Aber ein Programm, das uns anhand unseres Tippverhaltens und darüber, wie wir die Maus bewegen, identifiziert? Das uns erkennt, sobald wir vor dem Bildschirm sitzen und nur einen Handgriff tun? Das ist doch etwas zu viel des Guten. Wer will schon, dass der Computer einen fast besser kennt, als man selbst es tut.
Am besten teilen wir unsere Meinung dazu gleich allen vermeintlichen Freunden und Followern auf Facebook, Instagram und Co. mit. Und wo wir gerade sowieso schon auf Social Media unterwegs sind, liken wir noch schnell die Fotos, auf denen wir markiert wurden, senden Freundschaftsanfragen an vorgeschlagene Personen raus und aktualisieren unseren Beziehungsstatus.
Ein wenig Zeit bleibt danach noch, bis es zum Treffen mit Freunden geht. Die nutzen wir, um bei Google nach günstigen Pauschalreisen zu suchen. Der nächste Urlaub ist definitiv fällig. Beim Durchlesen der tollen Angebote vergeht die Zeit wie im Flug. Jetzt ist aber Beeilung angesagt! Und während wir draußen durch die Straßen schlendern, hinterlassen wir über unser Handy permanent unsichtbare Datenspuren. Dieses versucht sich nämlich ständig mit WLAN-Netzen oder anderen Geräten zu verbinden. Nicht zu vergessen ist die Standortnutzung, die im Laufe des Tages ein detailliertes Bewegungsprofil von uns erstellt.
Aber apropos Handy, benötigen wir nicht neue Kopfhörer? Ein schneller Abstecher geht zeitlich noch. Der passende Laden ist mithilfe von Google Maps schnell gefunden. Die App weiß zum Glück fast immer, wo wir uns genau befinden und hinmüssen.
Die Kopfhörer werden rasch per Karte bezahlt. Mit dem bestätigenden Piepton reihen sich Daten über unser Kaufverhalten, unsere Zahlungsfähigkeit und unseren Aufenthaltsort in den Pool aus unzähligen vergangenen Transaktionen ein.
Nun rasch weiter. Kurz darauf sitzen wir zu viert im Café und plaudern.
Habt ihr schon von dieser verhaltensbasierten Sicherheit gehört? Immer mehr Firmen nutzen das. Gruselig oder?
Noch während des übereinstimmenden Nickens zückt jemand das Handy für das obligatorische Gruppenselfie. Das kommt natürlich sofort in die Story – WhatsApp, Instagram, Facebook, Snapchat und was es sonst noch gibt. Die Location fügen wir dabei selbstredend hinzu, denn das nette Café ist definitiv eine Erwähnung wert.
Seht nur. Da taucht eine Reisewerbung im Feed auf. Pauschalreisen, genau das, wonach wir vorhin gesucht haben! Muss wohl ein lustiger Zufall sein.
Social Media ist schon eine faszinierende Welt. Hier hat man so viele Freunde. Man muss sie nicht einmal selbst finden; das übernehmen die Plattformen für einen. Kontakte aus dem Adressbuch sind sowieso kein Geheimnis. Den Freunden teilen wir gerne mit, wie es uns geht, wo wir gerade mit wem sind und was wir machen, was wir mögen und hassen. Unser Geburtsdatum, unsere Religion, politische Einstellungen, unser Geburtsort, Wohnort, usw.
Jeder kann seine Meinung sagen, jeder kann sich in dieser virtuellen Welt präsentieren. Was für eine herrliche Bühne, von der nicht einmal etwas endgültig gelöscht wird, wenn wir es in den Papierkorb bewegen. Ihr Gedächtnis ist besser als unseres. In diesem riesengroßen Gehirn fließen Datenströme, die Auskunft über unsere benutzten Geräte und Netzwerke sowie persönlichen Informationen sammeln. Daraus erstellen sie detailreiche Persönlichkeitsprofile.
Jetzt zeigen wir unseren Freunden erst einmal die Reisen, die wir rausgesucht haben. Vorhin saßen wir zwar am PC, doch unser schlaues Smartphone schlägt trotzdem sofort die passenden Seiten vor. Hier müssen wir nur noch eben die Cookies akzeptieren – alles andere wäre zu anstrengend. Schon beugen wir unsere Köpfe über den Bildschirm.
Ach ja, Google, unser bester Freund und Alleswisser. Google weiß nicht nur die Antworten auf unsere Fragen, Google weiß auch ganz genau, wo und wann wir uns im Internet bewegt haben. Jeder Klick wird abgespeichert. Google kennt sogar unsere Bildschirmgröße. Erstaunlich, nicht wahr?
Google weiß, wo wir online einkaufen, mit welchen Apps wir uns wie lange beschäftigen und wofür wir uns interessieren. Es kennt unsere Telefonnummern, IP-Adressen, den Akkustand, ist über unser soziales Umfeld und unseren Aufenthaltsort informiert. Immerhin bekommen wir leckere Cookies angeboten. Wobei angeboten nicht das richtige Wort ist. Selbst wenn wir diese ablehnen, platzieren dritte Websites heimlich ihre Cookies und verfolgen unsere Aktivitäten. Meistens handelt es sich um Werbetreibende, die uns dann mit Anzeigen wie der zufälligen Reisewerbung überfallen.
Aber die trifft ja genau ins Schwarze. Lasst uns buchen! Der Visumsantrag ist dank der Online-Formulare zügig erledigt. Da heutzutage alles computergesteuert ist, können wir diesem ohne Bedenken unsere Personaldaten anvertrauen. Nicht dass es anders ginge. Egal ob hier oder bei Apps, wenn wir nicht zustimmen, dass unsere Daten gespeichert werden, geht es nicht weiter. Manchmal sollen sie nicht nur gespeichert, sondern sogar weiterverarbeitet und weitergegeben werden. Zumindest wurden wir gefragt. Das machen nicht alle Dienste. Und der Datenschutz ist in einer endlos langen Erklärung geregelt, die wir nicht gelesen haben. Dass die Formulierungen recht viel Spielraum darüber lassen, wie mit den Daten umgegangen werden kann, sollte nicht weiter bedenklich sein. Auch nicht, dass der Handel mit Daten nicht verboten ist. Die Daten müssen lediglich ausreichend anonymisiert sein. Die Verfolgung unserer Aktivitäten und eine darüber laufende Identifizierung unserer Person ist völlig legal.
Alexa, spiel Musik! Alexa gehorcht und zu fröhlichen Tönen suchen wir uns später am Tag einen neuen Koffer aus. Wie angenehm, dass man einfach alles online kaufen kann. Im Lieblingsshop sind unsere Zahlungsdaten bereits hinterlegt. Nachdem auch das erledigt ist, werfen wir einen Blick auf die Smartwatch. Alle Körperfunktionen auf einen Blick, das ist schon eine praktische Erfindung.
Laut Uhr sollten wir noch etwas Sport treiben. Oder doch lieber faul sein? Zögern wir die Entscheidung mit einem Blick ins Handy hinaus. Wie viele Leute haben die Story vom Nachmittag schon gesehen? Einen Fingerscan oder Facescan später ist das Smartphone entsperrt. Wir scrollen durch die neuesten Posts, verteilen ein paar Herzen. Zwischendurch taucht eine Kofferwerbung auf. Die nächste preist eine Kaffeemarke an.
Wie steht es eigentlich um den Post von heute Morgen über die Cybersecurity?
Er hat viele Reaktionen hervorgerufen. Die meisten sehen die Sache genauso. Biometrische Daten in einem Computer zu speichern, um darüber erkannt zu werden, ist schon ziemlich verrückt. Sicher dient das Ganze dazu, unsere bzw. Firmendaten zu schützen. All jene, die irgendwo unsichtbar in Datenbanken zusammenströmen und von dort wer weiß wohin reisen. All die sensiblen Dokumente unserer Firma. Aber was ist mit Privatsphäre und Anonymität? Sollen wir etwa transparent werden? Einer Maschine anvertrauen, wer wir sind? Unsere intimen Tipp-Daten preisgeben?
Nein, wie wir unsere Maus bewegen und Tastatur bedienen, geht wirklich niemanden etwas an. Schon gar keinen Computer.